16.09.2021
Presseschau - Interview der Woche mit Dr. med. Hartmut Skirl
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Wenn das Unheil seinen Lauf genommen hat, ist er oftmals für unsere Spieler der erste Ansprechpartner - Dr. med. Hartmut Skirl.

Seit Jahren ist er nicht nur Unterstützer beim U14 Bundesliga-Turnier, sondern regelmäßig die "Erste-Hilfe" für unseren Verein. Nun stand er im Interview der Woche bei der Thüringer Allgemeine Rede und Antwort.
Sebastian Fernschild titelte dazu am Mittwoch: "Trainer müssen sensibel sein".

Verletzungen sind nie schön. Dennoch gehören sie zum Sport einfach dazu. Ob man will oder nicht. Den einen oder anderen erwischt es schlimmer und so mancher kommt glimpflich in seiner sportlichen Karriere davon. Aktuell aber kommt der Verdacht auf, dass die Verletzungen sprunghaft zunehmen. Vor allem im Fußball, der seit einigen Wochen wieder regelmäßig gespielt wird. Trainer und Übungsleiter klagen im Minutentakt, dass Spieler aufgrund von Verletzungen ausfallen. Warum ist das so? Wir haben mit Dr. Hartmut Skirl aus Sondershausen darüber gesprochen. Der 59-Jährige ist Facharzt für Innere Medizin, war sporadisch für Eintracht Sondershausen im Einsatz und vor der Wende im sportmedizinischen Dienst beim FC Carl Zeiss Jena.

Die Fußballsaison ist gestartet. Merkt man das in der Praxis?
Ja, auf alle Fälle. Es kommen vermehrt Patienten, die entweder was an den Sprunggelenken oder muskuläre Probleme haben. Das war vor ein paar Wochen noch nicht so. Man merkt, dass der Sport wieder los geht. Die Verletzungsgefahr ist gehäuft da.

Aber ist es ein Unterschied zu den vergangenen Jahren, als die Saison los ging?
Das ist schwer zu sagen. Aber vom ersten Gefühl her nicht. Ich kann nicht sagen, dass es sich verschlimmert hat. Das kann aber noch kommen, denn hier und da hört man, dass es zu Problemen kommt.

Die da wären?
Viele Fußballer haben angefangen wie sonst auch, als hätte es nur ein paar Wochen Pause gegeben und nicht mehrere Monate. Da schießt man etwas übers Ziel hinaus. Dann kommen die Probleme ganz schnell. Es ist ohnehin eine Herausforderung. Das Thema Muskelkoordination ist sehr vielfältig und die muskulären Verletzungen nehmen einfach zu.

Gibt es denn den einen oder anderen Tipp, um Verletzungen vorzubeugen nach der langen Pause?
Das muss man individuell sehen. Man fängt immer mit der Grundlagenausdauer an und steigert sich allmählich. Das ist ein langwieriger Prozess, für den aber viele nicht bereit sind. Ein behutsamer Aufbau wäre wünschenswert.

Was machen die Sportler anstelle?
Es geht alles viel zu schnell. Jeder will so schnell wie möglich Ergebnisse erzielen. Das geht aber meist nicht und verkehrt sich ins Gegenteil. Was ganz wichtig ist, sind die Regenerationsphasen einzuhalten. Richtig dehnen, schwimmen gehen, Erholung, locker auslaufen.

Sonst steigt die Verletzungsgefahr?
Ja, wenn das vernachlässigt wird, ermüdet die Muskulatur schneller und so kommt es zu Problemen. Das ist wie ein Teufelskreis, wenn sich auch nicht richtig warm gemacht wird. Da spielen auch die Trainer eine große Rolle.

Und die wäre?
Das ist ein schweres Thema. Die Trainer müssen sensibel sein. Es gab schon immer Streit zwischen Trainern und Ärzten, das ist heute noch immer so. Sie wollen schnell viel erreichen. Die Regeneration wird dabei stiefmütterlich behandelt. Nachbereitung wird nicht gemacht.

Haben die Sportler aktuell Nachteile aufgrund der Schnelllebigkeit?
Einen konditionell Nachholbedarf gibt es auf alle Fälle und der Druck ist immer da. Von daher hören viele nicht auf ihren Körper. Dann kommt es zu immer mehr Verletzungen.
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